Die Vizepräsidentin hat den Vorsitz über die Sitzung. Abgeordnete in Stuhlreihe hinter einem Rednerpult.
Vizepräsidentin: Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Rinderkennzeichnung und Rindfleischetikettierung.
Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei, Herr Backhaus.
Minister Till Backhaus tritt ans Pult.
während des Einlaufs Volker Schlotmann, SPD: Till, sprich Du das doch mal richtig aus!
Minister Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte mir natürlich auch vorstellen, daß wir einen neuen Namen für dieses so wichtige Gesetz entwickeln. Es lautet nämlich Rinderkennzeichnungs- und Rinderetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Das ist in der Historie der Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern das Gesetz mit dem längsten Namen. Es ist fälschlicherweise von den Medien gesagt worden, er trägt 63 Buchstaben. Das stimmt nicht, es sind 83 Buchstaben.
Heiterkeit bei den sitzenden Abgeordneten.
Minister Till Backhaus: Ich will das Gesetz nicht lächerlich machen, es ist ja in unserem Haus entstanden, und es ist ja auch eine sehr wichtige Aufgabe. Insofern freue ich mich nicht unbedingt, das Gesetz mit dem längsten Namen in der Titulierung einzuführen, aber dennoch ist es für uns eine sehr, sehr wichtige Aussage. Es handelt sich hierbei nämlich um die Rinderkennzeichnung und deren Überwachung.
Im übrigen ist es eben so, daß wir mit diesem Gesetz EU- und Bundesrecht in Landesrecht umsetzen. Ich betone, ein Bundesgesetz von 1997. Herr Born ist auch nicht mehr da,—
Volker Schlotmann, SPD: zeigt auf Dr. Ulrich Born Doch, doch, da ist er!
Dr. Ulrich Born, CDU: winkt Doch, hier! Hier!
Minister Till Backhaus —von der CDU ist ja nicht allzuviel übriggeblieben. Insofern machen wir hier, Herr Born, auch noch die Schularbeiten der ehemaligen Regierung. Und ich mache das ja auch gerne.
Dr. Ulrich Born, CDU: Wieso? Waren Sie nicht mit in der Regierung, Herr Backhaus?
Minister Till Backhaus: Ein paar Altlasten haben Sie uns ja wirklich mit Bravour hinterlassen, und dazu gehört im übrigen auch dieses Gesetz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht für den Verbraucher des Landes Mecklenburg-Vorpommern von Rindfleisch keinerlei Gefahr aus, das heißt also, Sie können mit Genuß Rindfleisch aus Mecklenburg-Vorpommern essen,—
Der Abgeordnete Dr. Ulrich Born meldet sich für eine Anfrage.
Minister Till Backhaus: —und wir bieten Ihnen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern damit ein Stückchen mehr Sicherheit. Insofern bitte ich um die Überweisung des Gesetzentwurfes in die entsprechenden Ausschüsse. – Vielen Dank.
Beifall bei den sitzenden Abgeordneten.
Vizepräsidentin: Herr Dr. Born, wir sind bei der Einbringung des Antrages. Deshalb sind keine Fragen zulässig.
Dr. Ulrich Born, CDU: Dann eben nicht.
Minister Till Backhaus: Das ist ja schade.
Minister Till Backhaus verlässt Rednerpult und nimmt seinen Platz in der Reihe wieder ein.
während des Abtritts Vizepräsidentin: Ich danke dem Landwirtschaftsminister Herrn Backhaus für die Einbringung zu diesem Gesetz.
Ich eröffne die Aussprache.
Im Ältestenrat ist eine Redezeit für jede Fraktion mit bis zu fünf Minuten festgelegt. Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Als erster hat das Wort der Abgeordnete Herr Scheringer von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Scheringer.
Johann Scheringer nimmt das Rednerpult ein.
Johann Scheringer, PDS: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachlich ist zu dem Gesetzentwurf herzlich wenig zu sagen, denn es geht, wie schon gesagt, um Dinge, wo die Messen in Brüssel und in Berlin längst gesungen sind.
Eine kleine Anmerkungen möchte ich aber trotzdem noch machen, und das kann ich mir nicht verkneifen, meine Damen und Herren. Sie betrifft den Titel, die Bezeichnung dieses Gesetzes. Man muß es sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Auch der Landwirtschaftsminister hat eben bei der Vorlesung einen Fehler gemacht. Und die Präsidentin hat bei der Ankündigung sinnigerweise gleich verschwiegen, wie das Gesetz in Wirklichkeit heißt. Es soll nämlich den Namen haben „Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“.
Dr. Ulrich Born, CDU: Können Sie das noch mal in freier Rede wiederholen?
Heiterkeit bei den Abgeordneten.
Johann Scheringer, PDS: Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsübertragungsaufgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern– ach, verdammt.
Beifall und Heiterkeit bei allen sitzenden Abgeordneten.
Johann Scheringer, PDS: Herr Dr. Born, Sie haben Ihre Frage natürlich berechtigt gestellt. Beim Rundfunk bin ich auch mal reingefallen: der Hessische Rundfunk hat mich gestern angerufen und hat mich gefragt, ob ich es richtig aussprechen kann. Ich habe es dann abgelesen. Dann hat er mich dreimal gefragt und einen Hörerpreis ausgestellt. Wer das Wort entsprechend dieser Übertragung meiner Originalstimme fehlerfrei nachsprechen konnte, der kriegte gestern vom Hessischen Rundfunk einen tollen Preis.
Volker Schlotmann, SPD: Ein Rindviech.
Dr. Ulrich Born, CDU: Das hätte ich vorher wissen sollen.
Heiterkeit bei allen sitzenden Abgeordneten.
Johann Scheringer, PDS: Und auch die Abkürzung selber heißt „RkRe…“, und dann muß ich wirklich ablesen, das würde ich frei gar nicht hinkriegen, Herr Dr. Born, „RkReÜAÜG M-V“.
Heiterkeit bei allen sitzenden Abgeordneten.
Johann Scheringer, PDS: Meine Damen und Herren, ich denke, das ist doch zu viel des Guten, und mit ein bißchen Humor kann man darüber auch richtig sprechen. Frau Präsidentin, Sie gestatten das vielleicht? Man merkt mal wieder richtig, mit welcher Akribie und Liebe hier Juristen am Werk waren. Wieso denn einfach, wenn es auch umständlich geht! Wenn ein unbescholtener Mann das allerdings liest, wird er mit Erstaunen feststellen, daß eine Kurzbezeichnung des Gesetzes länger sein kann als die Langbezeichnung,—
Heiterkeit bei allen sitzenden Abgeordneten.
Johann Scheringer, PDS: —woran man sieht, daß eben alles relativ ist. Also ich hege meinen Zweifel, daß das so sein muß.
Dr. Ulrich Born, CDU: Hätte man nicht sagen können: Rindviechergesetz? Rindviechergesetz, ja!
Johann Scheringer, PDS: Wenn wir bei der Benennung bleiben, meine Damen und Herren, dann wage ich folgende Prognose: Dieses Gesetz, wenn es so bleiben sollte, wird unweigerlich mit dem Namen im Gesetzgebungspanoptikum landen oder vielleicht sogar im Guinnessbuch der Rekorde als eines der schlechtesten Beispiele für einen Sprachexzeß und juristische Merkwürdigkeiten. Vielleicht sollten wir es, wenn es um eine Kurzbezeichnung geht, schlicht und einfach als das Gesetz mit dem unaussprechlich längsten Namen bezeichnen, und das wäre immer noch einfacher.
Beifall von allen sitzenden Abgeordneten. Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born.
Johann Scheringer, PDS: Wir haben fein geregelt, wer die Rinderkennzeichnung und die Rindfleischetikettierung überwacht, aber ich frage mich schon seit längerem, wer ernstlich in diesem Land die Kennzeichnung und die Etikettierung von Gesetzen und die Gesetzeskultur überwacht, damit keine solchen Sprachungetüme, eigentlich so ein Blödsinn entsteht.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte Sie, den Gesetzentwurf in den Ausschuß zu überweisen. Wir werden uns dort darüber einen Kopf machen—
Dr. Ulrich Born, CDU: Rindviechergesetz.
Johann Scheringer, PDS: —und uns einen anderen Namen einfallen lassen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei allen sitzenden Abgeordneten.
Volker Schlotmann, SPD: Aber dadurch werden wir berühmt.
Vizepräsidentin: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scheringer.
Da mir zu diesem Tagesordnungspunkt leider keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließe ich die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf zur Beratung an den Ausschuß zu überweisen. Wer stimmt dem Überweisungsvorschlag zu? alle Abgeordneten melden sich. – Danke. Gegenstimmen? keine Meldungen. – Stimmenthaltungen? keine Meldungen. – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Die Abgeordneten stehen auf, schütteln sich alle gegenseitig die Hände und setzen sich anschließend wieder. Vizepräsidentin steht auf, ordnet ihre Zettel neu und setzt sich wieder.
Vizepräsidentin: Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlußabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Rinderkennzeichnung und Rindfleischetikettierung, hierzu Beschlußempfehlung und Bericht. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag des Abgeordneten Herrn Scheringer, Fraktion der PDS, vor.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Scheringer von der Fraktion der PDS.
Johann Scheringer nimmt das Rednerpult ein.
Johann Scheringer, PDS: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In seiner Beschlußempfehlung hat der Ausschuß die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfes einvernehmlich empfohlen. Deshalb erscheint es vielleicht auch etwas ungewöhnlich,—
Dr. Ulrich Born, CDU: Allerdings.
Johann Scheringer, PDS: —daß der Ausschußvorsitzende trotzdem einen Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf einreicht.
Meine Damen und Herren, ich hatte im Ausschuß beantragt, den Namen des Gesetzes in „Rindfleischüberwachungsgesetz“ umzubenennen. Dafür gab es dort keine Mehrheit. Deshalb heute noch einmal der Versuch.
Es ist einfach der Umgang mit der deutschen Sprache. Die deutsche Sprache ist sehr vielfältig, und man kann die deutsche Sprache natürlich auch dazu benutzen, daß ganz Deutschland über Mecklenburg-Vorpommern lacht. Aber man kann die deutsche Sprache auch dazu nutzen, einen Gesetzestitel zu formulieren, mit dem man ordentlich arbeiten kann.
Deshalb bitte ich Sie, dem Änderungsantrag zuzustimmen. Wir werden uns dabei als Landesgesetzgeber trotzdem noch bewußt sein, daß unter das Gesetz auch die Rinderkennzeichnung, deren Überwachung sowie deren Übertragung auf die Landkreise gleichzeitig erfolgt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei sitzenden Abgeordneten. Johann Scheringer nimmt seinen ursprünglichen Platz wieder ein.
Vizepräsidentin: Um das Wort hat der Landwirtschaftsminister gebeten. Bitte sehr, Herr Minister Backhaus.
Minister Till Backhaus tritt ans Pult.
Minister Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Eigentlich wollte ich zu diesem vielgeliebten und mittlerweile international fast bekannten Gesetz nichts sagen.
Volker Schlotmann, SPD: Dann lassen Sie’s doch!
Minister Till Backhaus: Aber es tut mir leid, ich muß das doch noch ein bißchen klarstellen, zu dem, was Herr Scheringer gesagt hat – wobei ich natürlich auch überlegt habe, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, wie man dieses Gesetz vielleicht etwas einfacher formulieren könnte. Es ist nun mal so, die deutsche Sprache ist eine sehr schöne, aber auch eben sehr schwierige Sprache.
Johann Scheringer, PDS: Ja, hier liegt es aber nicht an der deutschen Sprache.
Minister Till Backhaus: Insofern muß ich noch mal klarstellen, Herr Scheringer, es geht hier nicht einzig und allein um die Etikettierung. Es geht um Verbrauchersicherheit und Transparenz. Insofern die große Hoffnung, daß möglichst viel Fleisch gegessen wird, nicht nur Geflügel oder Fisch, sondern eben auch Rind- und Schweinefleisch.
Dr. Ulrich Born, CDU: Ich geb‘ mir Mühe.
Minister Till Backhaus: Fakt ist – und da bitte ich wirklich um Verständnis –, daß wir die Rechtsförmlichkeitsprüfung mit den anderen Häusern vorgenommen haben. Deswegen bitte ich wirklich um Verständnis, daß wir bei diesem so interessanten, langen, 89 Buchstaben umfassenden Gesetz bleiben müssen, um die Rechtssystematik der Landesregierung zu erhalten. Deswegen bitte ich Sie dringend darum, die Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzesinitiative, so, wie sie ist, beizubehalten. – Damit auch guten Appetit!
Beifall und Heiterkeit bei allen sitzenden Abgeordneten. Minister Till Backhaus tritt zu seinem Platz zurück.
Vizepräsidentin: Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Einzelabstimmung.
Ich rufe auf die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung.
Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der PDS vor, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. nur Johann Scheringer meldet sich. – Danke. Gegenprobe. alle Abgeordneten außer Johann Scheringer melden sich. – Enthaltungen? niemand meldet sich
Volker Schlotmann, SPD: Da muß aber jetzt gezählt werden.
Heiterkeit bei den Abgeordneten.
Vizepräsidentin: Enthaltungen noch einmal! niemand meldet sich – Danke. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Wer der Überschrift des Gesetzentwurfes zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. alle Abgeordneten außer Johann Scheringer melden sich. – Gegenprobe. Johann Scheringer meldet sich. – Enthaltungen? keine Meldungen. – Damit ist die Überschrift des Gesetzentwurfes bei einer Gegenstimme angenommen.
Ich rufe auf, die Paragraphen 1 bis 6. Wer diesen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. alle Abgeordneten melden sich – Gegenprobe. keiner meldet sich – Enthaltungen? keiner meldet sich – Damit sind die Paragraphen 1 bis 6 einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung.
Wer dem Gesetzentwurf im ganzen in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. alle Abgeordneten außer Johann Scheringer melden sich – Gegenprobe. keine Meldungen. – Enthaltungen? Johann Scheringer meldet sich. – Bei einer Enthaltung wird der Gesetzentwurf angenommen.
Die Abgeordneten stehen auf, schütteln sich gegenseitig die Hände und verlassen anschließend den Raum. Die Vizepräsidentin steht auf, sammelt ihre Zettel ein und verlässt den Raum als letztes. Volker Schlotmann bleibt im Raum und tritt ans Rednerpult.
Volker Schlotmann, SPD: In den 2000er-Jahren breitete sich die Rinderseuche BSE in Europa aus. Diese kann sich über Rindfleisch auch auf den Menschen übertragen. Als vorausschauende Reaktion darauf verordnete die EU, dass die Herkünfte von Rindfleisch für Verbraucher:innen nachvollziehbar gemacht werden.
Das Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz wurde zum 29. Mai 2013 aufgehoben.
Den Rekord des längsten im Rechtsgebrauch tatsächlich verwendeten Wortes hält heute Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung, allerdings nur wegen des Wortbestandteils “Verordnung”.
Volker Schlotmann verlässt den Raum.